Die Lage der Arbei­ter­klas­se‘ – was soll das sein? Eine Geschichts­stun­de über das 19. Jahr­hun­dert, Man­ches­ter? Oder über die stol­ze Ver­gan­gen­heit des Ruhr­ge­biets mit sei­nen Koh­le­kum­peln? Oder über den unter­drü­cke­ri­schen Arbei­ter-und-Bau­ern-Staat im deut­schen Osten, den es längst nicht mehr gibt? Über­haupt: Arbei­ter‘? Wer heut­zu­ta­ge so daher­re­det, macht sich lächer­lich, outet sich als dog­ma­ti­scher mar­xis­ti­scher Roman­ti­ker. Denn jeder weiß doch: Gro­ße Indus­trie­be­leg­schaf­ten in Blau­män­nern sind total out, sie sind kein pas­sen­des Bild für die heu­ti­ge Berufs­welt, denn die ist vor allem unver­kenn­bar viel­sei­tig und bunt.

Stimmt. Da ver­die­nen Lie­fer-Hel­den und Digi­tal Nati­ves mit ihrem Lap­top bzw. auf dem Fahr­rad Geld, ganz frei und indi­vi­du­ell. Es gibt Jobs für alle Kom­pe­tenz­ni­veaus, per­sön­li­chen Vor­lie­ben und auch für knap­pe Zeit­bud­gets, und jeder Pos­ten steht allen Geschlech­tern offen. In den Büros, den klas­si­schen wie denen im eige­nen Wohn­zim­mer, wird KI- und Cloud-gestützt gear­bei­tet, ohne anti­quier­te Stech­uhr zu Vertrauensarbeitszeiten…

Und? Gibt es da etwa kei­nen gemein­sa­men Nen­ner? Kennt den nicht auch jeder, irgendwie?
Die moder­nen Arbeits- und Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se hin­ter all dem bun­ten Lack und den vie­len Buz­zwords mögen alles Mög­li­che sein, in selt­sa­mer Ein­tö­nig­keit sind sie vor allem ziem­lich pre­kär. Das gilt den­sel­ben Leu­ten, die über die neu­en digi­ta­len Mög­lich­kei­ten so ger­ne stau­nen, inzwi­schen als so nor­mal, dass aus­ge­rech­net die bie­de­ren, beschei­de­nen Arbeits- und Lebens­ver­hält­nis­se der Blau­män­ner aus dem vori­gen Jahr­tau­send wie ein fer­ner Traum anmu­ten: Die­se Zei­ten‘, so hört man, mit lebens­lan­ger Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit, Sams­tags gehört Vati mir“ und gere­gel­tem Fei­er­abend, sind für die Mas­se der erwerbs­tä­ti­gen Mensch­heit nun mal ein­fach vor­bei‘. Wer sich heut­zu­ta­ge zur Stamm­be­leg­schaft in einem gro­ßen Indus­trie­un­ter­neh­men zäh­len darf, um die sich neben­bei noch eine gewerk­schaft­li­che Lob­by küm­mert, gilt da schon als jemand, der es gut getrof­fen hat…

Ange­bo­ten wird eine abwei­chen­de Bilanz über die moder­nen Arbeits­ver­hält­nis­se in Deutsch­land und dar­über, wie sehr die poli­ti­sche Obrig­keit mit all ihrer Zuwen­dung in der aktu­el­len Infla­ti­ons­la­ge prak­tisch davon aus­geht, dass sie es bei ihrem Erwerbs­bür­ger­volk nach wie vor mit einer lohn­ar­bei­ten­den Klas­se zu tun hat. Auch wenn von der nie­mand mehr etwas wis­sen will; am wenigs­ten die Betrof­fe­nen selbst.