Demo­kra­tie gilt, mitt­ler­wei­le welt­weit, als Wert, der sich — wie es sich für einen Wert gehört — von selbst ver­steht. Für und gegen staat­li­che Ein­rich­tun­gen und Ver­fah­rens­wei­sen lässt sich, wie gut oder schlecht auch immer, argu­men­tie­ren; beim Wert Demo­kra­tie’ ist das unzu­läs­sig: Der wird nicht geprüft; an ihm wer­den Staats­ver­fas­sun­gen und Regie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten gemes­sen. Die Idee ist dabei die, eine Herr­schaft, die sich von ihrem Volk peri­odisch beauf­tra­gen lässt, wäre kei­ne Herr­schaft; eine Gewalt, die sich von denen, die ihr gehor­chen müs­sen, legi­ti­mie­ren lässt, wäre kei­ne; Lebens­ver­hält­nis­se, deren poli­ti­sche Macher und Auf­se­her in Wahl­kämp­fen durch Publi­kums­ent­scheid ermit­telt wer­den, wären ver­wirk­lich­te Frei­heit. — Das ist das Eine.

Dass das ent­schei­dungs­be­fug­te Publi­kum in sei­nem All­tag von sei­ner Wahl­frei­heit viel hält; dass es dar­auf so gro­ße Stü­cke hält, wie die demo­kra­ti­sche Wert­leh­re es unter­stellt; erst recht: dass es von der Kon­kur­renz der Wahl­kämp­fer um sei­ne Stim­me beson­ders ange­tan wäre: das lässt sich aller­dings nicht behaup­ten. Unter wahl­be­rech­tig­ten Bür­gern ist es Sit­te, die Bedeu­tung der eige­nen Wahl­stim­me illu­si­ons­los” zu sehen, also gering zu schät­zen, den Wahl­kampf als Zir­kus’ zu ver­ach­ten, von den Poli­ti­kern eine über­wie­gend schlech­te Mei­nung zu haben — und trotz­dem zur Wahl zu gehen, wenn sie ange­setzt ist. — Das ist das Andere.

Also wie­der mal ein Fall von schö­ner Idee’ und unzu­rei­chen­der
Verwirklichung‘?

Bei­de Sicht­wei­sen, die Hoch­ach­tung vor dem Ide­al wie das mehr oder weni­ger ver­ächt­li­che Abwin­ken bezüg­lich der Pra­xis, gehen dar­an vor­bei, was Demo­kra­tie tat­säch­lich ist und was das Insti­tut frei­er Wah­len tat­säch­lich leis­tet. Immer­hin hat man es mit einem Sys­tem poli­ti­scher Herr­schaft zu tun, das sich auf sei­ne durch ein frei­es Wäh­ler­vo­tum beglau­big­te Unab­hän­gig­keit von sei­ner Basis — vom Druck der Stra­ße’ — viel zugu­te hält.