Die Repu­blik spen­diert sich wie­der ein Som­mer­mär­chen“. Die Regie­rung lässt Flücht­linge ins Land und die kom­men in hel­len Scha­ren; Ein­hei­mi­sche mit und ohne Deutsch­land­fähn­chen beklat­schen ankom­mende Elends­ge­stal­ten auf Bahn­hö­fen, rei­chen Was­ser und Bre­zen, und die Flücht­linge beklat­schen die Begrü­ßungs­ko­mi­tees. Die Kanz­le­rin erklärt, dass Deutsch­land sich das freund­li­che Gesicht“ schul­dig sei, das es Men­schen in Not in die­sem Spät­som­mer zeigt; Ein­spruch gegen die­se Will­kom­mens­kul­tur“ ange­sichts der Las­ten und Pro­bleme, die mit der Mas­sen­ein­wan­de­rung auf Kom­mu­nen, Ver­wal­tung und die Staats­kasse zukom­men, lässt sie nicht gel­ten: Wir schaf­fen das!“

Das Urteil über die­se Wen­de der deut­schen Asyl­po­li­tik und der regen Volks­be­tei­li­gung dar­an ist in einer Hin­sicht ein­hel­lig: Ein­hei­mi­sche und inter­na­tio­nale Wort­mel­dun­gen sind sich – im Guten wie im Schlim­men – sicher, dass hier die Moral über die Poli­tik, Huma­nis­mus und Men­schen­recht über natio­nale Inter­es­sen und öko­no­mi­sches Kal­kül gesiegt haben.

Die einen fin­den das sehr gut: End­lich wid­met sich die Poli­tik ihrer vor­nehms­ten, nie ernst genom­me­nen Auf­gabe und küm­mert sich berech­nungs­los um Men­schen, die drin­gend Hil­fe brau­chen – anstatt sie durch Abschot­tungs­po­li­tik fern­zu­hal­ten, sie als Last oder nur nach ihrem öko­no­mi­schen Wert zu taxie­ren. Die Refu­gees-​wel­co­me-​Be­we­gung“ und Pro Asyl“ wis­sen nicht recht, ob sie ihr Ziel erreicht, näm­lich die Bun­des­re­gie­rung zum Part­ner für eine Welt ohne Gren­zen“ gewon­nen haben, oder ob sie der natio­na­len Selbst­lo­sig­keit, die sie mögen, nicht trau­en dürfen.

Die ande­ren fin­den das furcht­bar: Sie wer­fen Mer­kel vor, das deut­sche Volk zu ver­ra­ten und einem inter­na­tio­na­len Gut­men­schen­tum zu opfern. Bri­ti­sche Zei­tun­gen erklä­ren sie zur Che­fin eines Hip­pie-​Staats“, der sich von Emo­tio­nen statt von ver­stän­di­gen Natio­nal­in­ter­es­sen bestim­men lässt: Es sei ver­ant­wor­tungs­los, Mit­leid zur Leit­li­nie des Staats­han­delns zu machen.

Dass die Regie­rung nach einer Woche offe­ner Gren­zen dazu über­geht, die Flücht­lings­ströme wie­der zu kana­li­sie­ren und die Migran­ten – stren­ger sogar als vor­her – in berech­tigte und unbe­rech­tigte Bewer­ber zu sor­tie­ren, bekla­gen die einen als Abkehr von den guten Wer­ken der Flücht­lings­be­treu­ung, die das rei­che Deutsch­land sich doch leis­ten könn­te und soll­te; die ande­ren begrü­ßen das­selbe als spä­tes Ein­ge­ständ­nis, dass Mer­kels Ein­la­dung an die Müh­se­li­gen und Bela­de­nen die­ser Welt eben doch ein poli­ti­scher Black­out gewe­sen ist.

Den ent­ge­gen­ge­setz­ten Stel­lung­nah­men ent­geht eines: Wenn eine Macht wie Deutsch­land Flücht­lin­gen hilft, wenn sie Ver­ant­wor­tung für bedroh­te und ent­wur­zelte Bür­ger ande­rer Staa­ten bean­sprucht und über­nimmt und sich selbst zu ihrer Schutz­macht beruft, dann ist die­se Hoch­her­zig­keit ein gan­zes außen­po­li­ti­sches Pro­gramm – und nicht etwa Moral statt Staats­kal­kül. Mit dem glo­ba­len Flücht­lings­pro­blem betreibt die deut­sche Regie­rung natio­nale, euro­päi­sche und Welt­po­li­tik. Sie ver­pflich­tet die euro­päi­schen Nach­barn auf ihren welt­po­li­ti­schen Zustän­dig­keits­stand­punkt und mischt sich in die Kriegs– und Gewalt­fra­gen der ande­ren Welt­mächte ein, denen sie vor­wirft, die Flücht­lings­ströme zu erzeugen.

Vom impe­ria­lis­ti­schen Cha­rak­ter der guten Tat han­delt unse­re Veranstaltung.