Mit einer Kri­tik am Gesund­heits­we­sen macht man sich leicht Freun­de. Kaum eine gesell­schaft­li­che Ein­rich­tung wird so mit Kri­tik bedacht wie der Medi­zin­be­trieb: dass es all­zu vie­len Ver­tre­tern mehr ums Geld als um ihre‘ Pati­en­ten geht, dass es ihnen an Kön­nen fehlt, dass Kas­sen­bei­träge zu hoch sind und an Ver­sor­gungs­leis­tun­gen gespart wird… Und als Gip­fel der Kri­tik wird gefor­dert: Gesund­heit darf kei­ne Ware sein! Kaum ein Metier genießt gleich­zei­tig ein so hohes Anse­hen wie das Medi­zin­we­sen, das damit befasst ist, der Gesund­heit auf­zu­hel­fen. Alle Ein­wände leben ja von der Hoch­ach­tung vor einer Heil­kunst, nach deren Diens­ten ein wach­sen­der Bedarf besteht und der die Kund­schaft nie aus­geht. Die­se kri­ti­sche Hoch­ach­tung vor Auf­trag und Leis­tung des medi­zi­ni­schen Diens­tes an der Gesund­heit, ist die Sache des Buches, das im Vor­trag vor­ge­stellt wer­den soll, nicht. Es klagt nicht ein Mehr und Bes­ser an heil­sa­men Dienst­leis­tun­gen ein, son­dern erklärt und kritisiert,

  • inwie­fern der mas­sen­hafte Bedarf nach Gesund­heit und sei­ne Betreu­ung ein schlech­tes Licht auf die Gesell­schaft und den Dienst wer­fen, den die Medi­zin mit ihrem Ethos des Hei­lens und Hel­fens leistet;

  • woher der nie zufrie­den­zu­stel­lende Bedarf stammt, den das Gesund­heits­we­sen betreut. Dass und wie näm­lich das Sys­tem der Markt­wirt­schaft die mas­sen­haf­ten Fäl­le von Krank­hei­ten pro­du­ziert, die nicht zufäl­lig Volks­seu­chen“ oder Zivi­li­sa­ti­ons­krank­hei­ten“ heißen;

  • war­um die indi­vi­du­el­len Bemü­hun­gen, sich, soweit es Zeit, Geld und sons­tige pri­vate Umstän­de‘ zulas­sen, um sei­ne Gesund­heit zu küm­mern, so wenig taug­lich sind, bzw. wozu sie tau­gen: Ihr ein­zig wirk­lich garan­tier­tes Ergeb­nis besteht dar­in, sich an der pri­va­ten Bewäl­ti­gung von lau­ter gesell­schaft­li­chen Umstän­den‘ abzu­ar­bei­ten, die sys­te­ma­tisch krank machen;

  • wie ver­kehrt die Medi­zin mit ihrem prak­ti­schen Stand­punkt der indi­vi­du­el­len Betreu­ung die gesell­schaft­li­chen Ursa­chen in den Blick nimmt; als äuße­ren Anlass und Aus­lö­ser von Beschä­di­gun­gen an Kör­per und Geist der Gesell­schafts­mit­glie­der, um deren Behand­lung am ein­zel­nen Pati­en­ten sie sich dann nach bes­tem Gewis­sen und natur­wis­sen­schaft­li­chen Wis­sen kümmert;

  • wel­chen gesell­schaft­li­chen Auf­trag die Ärz­te­schaft mit ihren prak­ti­schen Hilfs­diens­ten an der Gesund­heit der Pati­en­ten und ihren Rat­schlä­gen zu ver­nünf­ti­ge­rer‘ Lebens­weise und bes­se­rem Umgang mit gesund­heits­schäd­li­chen Gege­ben­hei­ten‘ erfüllt, was also das staat­li­che Gesund­heits­we­sen leis­ten soll und leis­tet, wenn es allen Bür­gern Zugang zu den Errun­gen­schaf­ten der Medi­zin gewährt: einen unver­zicht­ba­ren Bei­trag zum Funk­tio­nie­ren einer Kon­kur­renz­ge­sell­schaft, deren Fol­gen der Staat betreut und in der sich die Leu­te zu ihrem nicht nur gesund­heit­li­chen Scha­den bewäh­ren und behaup­ten müs­sen und wollen.

Der Vor­trag will dazu eini­ge Argu­mente lie­fern und zur Dis­kus­sion stellen.